Tittmoning. Hauptthema bei der Jahreshauptversammlung der Ökologischen Bürgerliste Tittmoning (Ökoliste) war die geplante Salzachbrücke bei Fridolfing. Um Missverständnisse auszuräumen, erläuterte die 1. Vorsitzende Ilse Englmaier den Anwesenden, wie die Planung bislang abgelaufen und was dabei herausgekommen sei. Dabei widersprach sie entschieden der Darstellung mancher Kommunalpolitiker.
Das Raumordnungsverfahren 2004 sei zwar positiv beschie-den, das Bauvorhaben sei dabei allerdings noch nicht grund-sätzlich genehmigt worden. Lediglich sei diejenige unter den vorgeschlagenen Trassenvarianten ausgewählt worden, die augenscheinlich den geringsten Schaden in der Au verursachen würde. Der Bescheid sei überdies nur unter Vorbehalt erteilt worden: Es müsse sichergestellt sein, dass keine Beeinträchtigung im Sinne der FFH-Richtlinie eintritt und die Arten nach den Anhängen der FFH- und Vogelschutz-Richtlinie nicht in ihrem langfristigen Bestand gefährdet werden, so die Regierung von Oberbayern.
Die Umweltverträglichkeitsstudie (UVS) habe lediglich der Variantenprüfung gedient, sagte Englmaier. Es sei nicht Aufgabe dieses Gutachtens gewesen, Aussagen zur tatsächlichen Schwere des Eingriffes in das Schutzgebiet zu machen. Datenbasis und Prüfungstiefe hätten folglich nicht den Anforderungen eines Genehmigungsverfahrens entsprechen müssen. Das entscheidende Gutachten sei die FFH-Verträglichkeitsprüfung (FFH-VP). Und diese werde erst im Rahmen der Planfeststellung, dem eigentlichen Genehmi-gungsverfahren, erstellt.
Kritik an Reichenau
„Der SPD-Kreisvorsitzende und Tittmoninger Stadtrat Dirk Reichenau behauptet, die FFH-VP habe ergeben, dass es durch das Bauvorhaben zu keinen erheblichen Beeinträchtigungen kommen wird. Wahr ist, dass es dieses Gutachten noch gar nicht gibt“, so die Vorsitzende. Überdies seien die von Reichenau zitierten Behörden: die Untere Naturschutzbehörde am Landratsamt und das Bayerische Landesamt für Umwelt in Augsburg, gar nicht zuständig. Zuständig sei vielmehr die Höhere Naturschutzbehörde an der Regierung von Oberbayern.
„Gerade bei einem so umstrittenen und überdies sehr kom-plexen Thema ist es dringend geboten, die verwaltungstechnischen Fachausdrücke richtig zu verwenden und die Zuständigkeiten nicht zu verwechseln. Fehlerhafte Aussagen führen zu einer Verharmlosung des Rechtsstatus, der dem Schutzgebiet zukommt“, warnt Ilse Englmaier.
„Nicht genehmigungsfähig“
Die vor der Erstellung der FFH-VP notwendigen Gelände-untersuchungen seien 2007 durchgeführt worden, die Daten seien öffentlich zugänglich. „Da ich selbst als Gutachterin in den Salzachauen tätig bin und ich mich aufgrund meiner beruflichen Tätigkeit in naturschutzrechtlichen Belangen gut auskenne, bin ich davon überzeugt, dass angesichts dieser Ergebnisse eine erhebliche Beeinträchtigung beim Brückenbau nicht zu vermeiden sein wird und somit das Bauvorhaben gemäß der FFH-Richtlinie nicht genehmigt werden kann.“
Ohne Genehmigung bestünde zwar die Möglichkeit einer Befreiung vom Bauverbot aus Brüssel, aber hierzu müsse erst vom Vorhabensträger bewiesen werden, dass es keinen besser geeigneten Brückenstandort zwischen Tittmoning und Laufen gebe und das Bauprojekt zudem von überragender wirtschaftlicher Bedeutung für ganz Südostoberbayern sei. Es reiche nicht aus, mit dem Erhalt des Fridolfinger Kindergartens oder anderer gemeindlicher Einrichtungen zu argumentieren, wie es mancher Lokalpolitiker gerne tue. Überdies bezeuge auch das vom Landkreis 2009 in Auftrag gegebene Verkehrsgutachten, dass die geplante Brücke lediglich „von lokaler bis regionaler Bedeutung“ sei.
Im weiteren Verlauf der Diskussion waren sich die Versammlungsteilnehmer einig, dass es insbesondere den Anwohnern am Gerberberg gegenüber nicht fair sei, so zu tun, als ob eine Wiedereinführung der Tonnagebegrenzung auf der Tittmoninger Brükke nur bei einem Brückenneubau ein paar Kilometer weiter möglich wäre. „Wenn der politische Wille tatsächlich da wäre, könnte das Straßenbauamt Traunstein schon in den nächsten Tagen eine Gewichtsreduzierung einführen, wie sie vor der Grenzöffnung bereits bestand. Es gibt keine Vorschrift, dass bei Flüssen in bestimmten Abständen dem Schwerlastverkehr eine Brücke zur Verfügung zu stehen hat. Die Brücken bei Burghausen und Freilassing sind für den überregionalen Schwerlastverkehr völlig ausreichend“ sagte Hans Glück. Er verwies zudem auf Absichtserklärungen aus Burghausen, die neue Brücke dort für den Schwerverkehr zu sperren, sobald die Fridolfinger Brücke stehe. Man könne sich die Konsequenzen für die Verkehrsentwicklung im Tittmoninger Gemeindegebiet leicht ausmalen, wenn die Laster für das Industriegebiet nicht mehr bei Burghausen sondern bei Fridolfing die Salzach querten.
Zu den Pfahlprobebohrungen, die demnächst im benachbarten Gemeindegebiet durchgeführt werden sollen, merkte der Geologe Dr. Jakob Wagner an, dass die nachweislich mindestens 40 Meter dicke weiche Seetonschicht der untauglichste Baugrund sei, den er sich für ein solches Bau-
Untergrund problematisch
werk vorstellen könne. Durch den nachgiebigen Untergrund, das unter Druck stehende Grundwasser und die erforderliche Aufständerung ergäben sich erhebliche statische Probleme, die nur durch extrem teuere technische Maßnahmen gelöst werden könnten. „Es wird immer deutlicher, dass hier ein völlig überzogener Aufwand für eine nur lokal bedeutsame Brücke betrieben wird.“
Auch Positives gab es zu berichten. Stadtrat und 3. Bürger-meister Peter Wembacher zeigte sich erfreut, dass der Waldkindergarten als eines der wichtigsten Ziele der Ökoliste auf den Weg gebracht worden sei. Dabei stellte er noch einmal klar, dass im Kayer Kindergarten nur deshalb keine zweite Gruppe gebildet werden konnte, weil es grundsätzlich an Anmeldungen gemangelt habe. Keineswegs habe der Waldkindergarten diese Plätze „abgezogen“.
Nächstes Thema war das geplante Wasserkleinkraftwerk II in der Ponlachschlucht, das überschüssiges Wasser vom Wasserkleinkraftwerk I im Burggraben zur Ponlach hin ableiten soll. Hierzu solle im Sommer ein Rohr mit einer Turbine in der Bachschlucht vergraben werden, berichte Robert Lex. Zuerst sei er sehr skeptisch gewesen, weil er Bautätigkeiten im Landschaftsschutzgebiet grundsätzlich ablehne, so der Umweltreferent. Weil der Vorhabensträger jedoch versichere, dass er die Planung nur mit dem Einverständnis des Bundes Naturschutz umsetzen werde, werde er zustimmen.
Schwarzbau am Pflegeheim
Einhelligen Protest der Versammlungsteilnehmer ernteten dagegen das Satteldach und die Lüftungsanlage am neuen Zwischenbau des Pflegeheims. Weder Dachform noch der große Lüftungsschacht in der Mitte der Fassade seien genehmigt, weshalb das Bauamt im Landratsamt einen Baustopp verhängt habe.
Auf seine Nachfrage im Bauausschuss, ob mit einer nachträglichen Genehmigung gerechnet werden müsse, habe er keine zufrieden stellende Antwort bekommen, sagte Robert Lex. Da schon die Genehmigung des Zwischenbaus von der Forderung des Amtes für Denkmalschutz, die Blickbeziehung zur Altstadt zu erhalten, abgewichen sei, sollte das Bauwerk wenigstens möglichst unauffällig gestaltet werden, so die gemeinsame Forderung zum Abschluss der Veranstaltung.